Heute reden wir mal Tacheles! Ich kann es nicht mehr sehen: Fast jeder Keative Selbstständige arbeitet unter dem Mindestlohn, oftmals sogar weit darunter. In dem Glauben, keiner würde Produkte kaufen, die faire Preise haben, verkaufen Kreative weltweit ihre Produkte weit unter ihrem Wert. Ich möchte euch helfen, euren Wert und den eurer Produkte endlich richtig und realistisch einschätzen zu lernen.
Inhaltsverzeichnis
Professionell oder als Hobby?
Am wichtigsten bei Deiner Preisgestaltung ist Deine Einstellung, gerne auch Mindset genannt. Du musst Dir über eins bewusst sein: Deine Arbeit ist immer gleich viel wert, egal ob Du “nur” nebenbei oder Vollzeit kreativ bist. Deine Kunden haben einen besonderen Mehrwert von Deinem Produkt, den nur Du allein liefern kannst. Du bist in Deiner Ausführung immer einzigartig und wer Dein Produkt haben will, muss Deinen Peis bezahlen. Dabei zählt es auch nicht, ob Du schon routiniert bist in Deiner Kunst oder nicht. Das merkt nämlich keiner außer Dir. Aber was zählt dann?
Benutze meinen kostenlosen Preisrechner, um dem Preis für Dein Produkt richtig einzuschätzen!
Preis berechnen
Deine Zielgruppe
Die Preisspanne, in der Du Deine Produkte anbieten kannst, hängt wesentlich von den demographischen Merkmalen und dem Kaufverhalten Deiner Zielgruppe ab. Richtest Du Dein Angebot an Studenten, kannst Du nur wenig Budget voraussetzen, bei Bräuten und werdenden Eltern scheint es ok zu sein, das Doppelte vom normalen Preis zu verlangen. Im Preisrechner kannst Du hier einen Faktor eingeben. Dieser reicht von 0,1 (bettelarm) über 1 (Ottonormalverbraucher) bis hin zu 10 (reiche Kunstsammler). Falls Du Dir unsicher bist, benutze erstmal die 1.
Stundenlohn
Seit dem 1.1.2019 gilt der neue Mindestlohn von 9,19 €/h. Dieser gilt allerdings für Angestellte. Ein Angestellter in Gewerbe oder Dienstleistung verdient durchschnittlich 13,86 €/h. Selbstständige und Freiberufler müssen einen viel höheren Stundenlohn ansetzen, um ihre zusätzlichen Abgaben als Privatversicherte leisten zu können, zu Terminen zu fahren, auch mal krank zu sein oder die Gewerbesteuer leisten zu können. Die Illustratorenorganisation empfiehlt einen Stundenlohn von mindestens 60 Euro, hierbei sind alle Abgaben und sonstigen Einschränkungen für Freiberufler mit bedacht. Schau Dir unbedingt mal die Rechnung auf deren Webseite an! Hierbei wird von einem Jahreseinkommen ausgegangen und daraus abgeleitet, welcher Stundensatz dafür benötigt würde. Das kannst Du ja auch mal durchrechnen.
Für nebenberuflich oder hobbymäßig Kreative, die ihre Sozialabgaben über den Brotjob leisten, empfehle ich mal den Stundenlohn im Brotjob als Grundlage zu nehmen und mit dem kreativen Verdienst mindestens diesen Satz zu erreichen. Nur weil Dir etwas Spaß macht, ist es nämlich nicht weniger wert. Ganz im Gegenteil!
Materialkosten
Natürlich muss Dein Produktpreis Deinen Materialpreis enthalten. Wenn Du Material in großen Mengen einkaufst, berechne den ungefähren anteiligen Materialpreis für ein Produkt. Das ist mitunter aufwändig, lohnt sich aber. Zu den Materialkosten zählen auch eventuell anfallende Verpackungs- und Portokosten sowie Standgebühren und Ladenmieten in Anteilen.
Nutzungsrechte
Für Illustrationen gilt in Deutschland, dass Kunden Nutzungsrechte erwerben müssen. Einen Kalkulator für den Faktor findest Du auch bei der Illustratorenorganisation. Für andere Kreative gilt das nicht und Ihr könnt das beim Rechnen einfach weglassen, indem Ihr eine 0 eintrag
Gewinnspanne
Setzt Du Deinen Gewinn auf 0, erhältst Du genau Deine Materialkosten zurück und Deinen Stundenlohn. Das ist für ein einfaches Produkt, welches Du selbst verkaufst auch völlig ok. Falls Du etwas über einen Händler verkaufst, der Provision verlangt (Etsy Gebühren etc.), dann solltest Du das hier prozentual berücksichtigen.
Zur Gewinnspanne zählt auch folgendes: Welchen Mehrwert gibst Du Deinen Kunden mit Deinem Produkt? Wenn es ein emotionales Produkt ist oder etwas sehr Persönliches und individuell angefertigtes, kannst Du ruhig auch einen höheren Gewinn damit machen.
Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer)
Ganz am Ende musst Du natürlich auf Deinen Preis die Mehrwertsteuer raufschlagen. Der Mehrwertsteursatz in Deutschland beträgt 19%, für bestimmte Umsätze (Lebensmittel, Kunstgegenstände, …) gilt ein verringerter Steuersatz von 7%. Als Kleinunternehmer nach
§ 19 UStG musst Du keine Mehrwertsteuer berechnen.
Fertig!
Da siehst Du nun Deinen Preis im Preisrechner Schwarz auf Weiß. Es gibt hier einige mögliche Reaktionen Deinerseits. Falls Du mit dem Preis einverstanden bist oder ihn für zu niedrig hältst, solltest Du nochmal an den Stellschrauben drehen und möglicherweise Deinen Stundensatz oder die Zielgruppe etwas ändern.
Solltest Du denken: “Das bezahlt keiner, das ist viel zu viel!”, wenn Du den fertigen Preis liest, lass mich Dir Folgendes sagen: Das ist der Wert Deines Produktes und der Preis, den Du persönlich nehmen kannst ohne Verlust zu machen. Es liegt jetzt an Dir: Willst Du Deinen persönlichen Preis beim Verkauf erzielen, musst Du möglicherweise Dein Marketing anpassen. Ein nachhaltig produziertes, handgemachtes, individuelles Produkt in limitierter Auflage kannst Du teurer verkaufen als 0-8-15 Sachen, die alle anderen verkaufen. Dabei spielt auch Dein Branding eine Riesenrolle. Spreche mit Deinem Unternehmen die Kunden an, die Deinen Preis bezahlen. Alle anderen haben Dein Produkt gar nicht verdient!
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Hallo Lena,
ich stelle Hundezubehör im kleingewerblichen Rahmen her und die Preiskalkulation stellt mich immer wieder vor Herausforderungen, vor allem in der letzten Zeit, wo ich das Gefühl habe, dass ich meine Preise wöchentlich anpassen muss, weil die Materialkosten stetig steigen. Deshalb habe ich nach einem Preisrechner gesucht um mir die Arbeit etwas zu erleichtern und bin auf deiner Seite gelandet. Da du und die Aufmachung der Seite mir sehr sympatisch rüber kommen habe ich brav alles ausgefüllt und bestätigt, aber irgendwie ist da nichts mit “Losrechnen”. Was mache ich falsch?
Liebe Grüße
Lulu